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Im Himmel kummt doch alles widder zamm

von: Arno Boas

Regie: Florian Brand0

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Um 450 Jahre zurückversetzt wurden die Besucher beim Betreten des Geyerschen Schlosshofes in Reinsbronn am Samstag anlässlich der Premiere der Komödie "Im Himmel kummt doch alles widder zamm".

Reinsbronn. Der damalige Schlossherr, Graf Philipp Geyer mit seiner Gemahlin, dem Gefolge und einer ganzen Schar Kinder bevölkerten den Schlosshof. So könnte es im 16. Jahrhundert wirklich gewesen sein.

Wahr ist auf jeden Fall, dass eben dieser Graf Philipp Geyer gegen Ende des 16. Jahrhunderts einen lutherischen Prädikanten bestellt hat, obwohl Bischof Julius Echter aus Würzburg darauf bestand, dass der katholische Pfarrer aus Bieberehren in Reinsbronn zu predigen hat.

Dies führte zu einer länger andauernden und eskalierenden Auseinandersetzung. Überliefert ist in der Chronik, dass der Würzburger Bischof den katholischen Pfarrer im Laufe des sich zuspitzenden Konflikts tatsächlich zu einer Entführung des Prädikanten anstiften wollte.

Es geht also um eine wahre Religionsstreitigkeit in einem kleinen Ort im Taubergrund in der Zeit der Reformation. Daraus hat Autor Arno Boas Ende der 90-er Jahre eine brillante Mundart-Komödie kreiert. Auf authentischer Bühne (dem Geyer-Schloss, einstiger Besitz des Grafen Geyer) wurde das Stück in diesem Jahr von Regisseur Florian Brand mit Maria Czerniejewski an seiner Seite völlig neu inszeniert. Und es geht um Liebe, List, Verrat und um eine philosophische Betrachtung von Glauben und Wahrheit.

Da vermischt sich Historisches mit Neuzeitlichem, Wahres mit Unwahrem, so dass sogar die Bieberehrener Hellseherin Babette sich irgendwann fragt: "Wenn auf einmal nicht mehr wahr ist, was immer wahr war, dann ist ja das, was wahr war gar nicht wahr!" Fiktion, Wirklichkeit, Glaube. Woran könnten die Menschen damals geglaubt haben? Geschickt hat Florian Brand thematische Akzente zur Neuzeit gesetzt.

Wer wohl konnte sich vor über 400 Jahren vorstellen, dass es eine Emanzipation der Frauen geben würde und dass man ökumenisch heiraten kann? Wer hätte geglaubt, dass man sich in Reinsbronn eines Tages ohne Mühe ein italienisches Gericht wünschen kann und es auch bekommt oder die Entfernung eines Zahnes - als der Bader in seiner Funktion tätig wird, leidet das Publikum sichtlich mit - unter Narkose heute dank moderner Betäubungsmittel kaum noch Schrecken und Angst verbreitet? Nur Eulalia und Babette, die Hellseherinnen, ahnten so einiges, auch, dass auch noch in 400 Jahren um den rechten Glauben gestritten wird. Aber, sie sind erfundene Figuren, genau wie die junge Magd des katholischen Pfarrers, die in Wahrheit seine Tochter ist. Bleibt die Geschichtsschreibung, aber ob man der glauben kann? Auch sie scheint so ihre Tücken zu haben, wenn es bei der fiktiven Dokumentation darum geht, was der edle Herr Graf an Großwild gejagt zu haben scheint.

In rund 100 Minuten werden die Besucher sehr kurzweilig in die Vergangenheit, die Zukunft und in eine herrlich inszenierte Geschichte entführt, die das Spielerensemble des Reinsbronner Bühnenzinnobers schwung- und effektvoll und mit engagierter Spielleidenschaft darstellt.

Rund 25 Darsteller und Darstellerinnen, darunter erfreulich viele junge, haben an diesem Abend einen wunderbaren Auftakt hingelegt und ernten dafür schon in der ersten Szene Lacher und Zwischenapplaus und am Ende ganz großen Beifall. Dieser gebührt natürlich auch der Mannschaft im Hintergrund , die für Organisation, Kostüme und Requisiten verantwortlich ist und dem Technikteam hinter den Kulissen, dessen Lichteinsätze, Toneinspielung und Effekte perfekt gesetzt waren.

Die Zusammensetzung des Ensembles hat einige Besonderheiten aufzuweisen: Einige der Spieler waren schon bei der Uraufführung des Stückes 1999 dabei. Das nutzte ihnen in diesem Jahr jedoch nur wenig. Regisseur Florian Brand hat in seiner Inszenierung vieles anders gemacht und textlich und inhaltlich einen gelungenen Bogen von damals zu heute gespannt.

Aus der Hellseherin Eulalia, gespielt von Ulrich Pfänder, hat Brand eine Figur entwickelt, die sowohl Spieler als auch Privatperson darstellt und so zu einer Person in zweien wird. Vergnüglich, wie Eulalia sich präsentiert, nimmt man ihr/ihm gerne die (Doppel-) Rolle ab. Ein Kuriosum: Der jetzige evangelische Reinsbronner Pfarrer, Matthias Haas, spielt im Wechsel mit Thomas Wilhelm den katholischen Pfarrer aus Bieberehren. Und letztendlich spielt sich die Kulisse, das Schloss, selber.

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